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Das zweite Pflegestärkungsgesetz

Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) wird der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff in die Praxis umgesetzt.

Das Gesetz tritt am 01. Januar 2016 in Kraft und das neue Begutachtungsverfahren sowie die Umstellung der Leistungsbeträge der Pflegeversicherung werden zum 1. Januar 2017 wirksam.

Was ändert sich?

Leistungsverbesserungen bereits zum 1. Januar 2016:

  • Verbesserung der Beratung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen
  • Verbesserung der ärztlichen Versorgung von Pflegeheimbewohnern durch das Hospiz- und Palliativgesetz
  • Stärkung des Grundsatzes „Medizinische Rehabilitation vor Pflege“ (Verhinderung bzw. Verzögerung des Eintritts von Pflegebedürftigkeit durch Rehabilitationsleistungen)
  • Erbringung von primärpräventiven Leistungen in stationären Pflegeeinrichtungen durch die Pflegekassen
  • Weiterentwicklung der Qualitätsmessung, Qualitätssicherung und Qualitätsdarstellung in der Pflege durch Überarbeitung des so genannten Pflege-TÜV
  • Nicht dauerhaft Pflegebedürftige erhalten nach einer Krankenhausbehandlung Anspruch auf Übergangspflege (häusliche Krankenpflege, Haushaltshilfe sowie Kurzzeitpflege) als Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung

 

Änderungen ab 01. Januar 2017

Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff bzw. fünf Pflegegrade

Künftig sollen körperliche, geistige und psychische Einschränkungen gleichermaßen erfasst und einbezogen werden. Maßgeblich für das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit sind Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit, wobei der Grad der Selbstständigkeit in sechs verschiedenen Bereichen gemessen werden sollen. Die sechs Bereiche sind:

  1. Mobilität (z.B. körperliche Beweglichkeit wie Fortbewegung im Wohnbereich)
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (z.B. Sachverhalte erfassen und begreifen, Gespräche führen etc.)
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (z.B. Ängste, aggressives Verhalten gegenüber anderen etc.)
  4. Selbstversorgung (z.B. Ernährung, Körperpflege – wurde bisher der Grundpflege zugeordnet)
  5. Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (z.B. selbstständige Arztbesuche, Medikamenteneinnahme etc.)
  6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (z.B. selbstständige Gestaltung des Tagesablaufes, selbstständige Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen etc.)

 

Bei der Einstufung in einen Pflegegrad werden die genannten Bereiche unterschiedlich gewichtet. Die bisher angewandten Zeitorientierungswerte spielen dabei keine Rolle mehr. Vielmehr wird jetzt begutachtet, ob die erforderliche Fähigkeit noch vorhanden ist und wie selbstständig die damit einhergehenden Tätigkeiten ausgeführt werden können.

Dabei kann eine Einstufung in einen der folgenden fünf Pflegegrade erfolgen:

Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

 

Mehr Unterstützung für Pflegebedürftige durch Leistungsverbesserungen

Mit den Leistungsverbesserungen soll eine bessere Berücksichtigung der individuellen Pflegesituation und ein Abbau von Unterschieden im Umgang mit körperlichen und geistigen Einschränkungen erreicht werden.

Künftig sollen dem Pflegegrad 1 Menschen zugeordnet werden, die noch keinen erheblichen Unterstützungsbedarf haben, aber beispielsweise eine Pflegeberatung, Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, finanzielle Zuschüsse zur Anpassung des Wohnumfeldes oder Pflegekurse für Angehörige benötigen. Bisher haben diese Antragsteller von den Pflegekassen eine Ablehnung erhalten. Neben den nicht abschließend genannten Leistungen soll im Pflegegrad 1 ein Geldbetrag für Erstattung der Betreuungs- und Entlastungsleistungen zur Verfügung gestellt werden. Bei vollstationärer Pflege wird bei Pflegegrad 1 ein Zuschuss ebenfalls in Höhe von 125 EUR geleistet.

 

Zuordnung von bereits bestehenden Pflegestufen in die künftigen Pflegegrade

Pflegebedürftige, die bereits Leistungen der Pflegeversicherung beziehen, werden ohne erneute Antragstellung und ohne erneute Begutachtung zum 01. Januar 2017 einem der neuen Pflegegrade zugeordnet. Dabei gilt die Formel: Pflegebedürftige mit körperlichen Einschränkungen ohne eingeschränkte Alltagskompetenz werden automatisch in den nächst höheren Pflegegrad übergeleitet (z.B. von Pflegestufe I in den Pflegegrad 2; von Pflegestufe II in den Pflegegrad 3 usw.). Pflegebedürftige mit eingeschränkter Alltagskompetenz  bzw. geistigen Einschränkungen kommen automatisch in den übernächsten Pflegegrad (z.B. von Pflegestufe 0 in den Pflegegrad 2; von Pflegestufe I in den Pflegegrad 3 usw.).

 

Weitere Veränderungen ab 2017:

  • Anspruch auf zusätzliche Betreuungsangebote in voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen
  • Verbesserung der sozialen Absicherung von pflegenden Angehörigen in der Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung

 

  • Vereinbarung neuer Pflegesätze für die Pflegeheime sowie Prüfung und Anpassung des Personalschlüssels aufgrund des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes und der fünf Pflegegrade

 

  • Anhebung des Beitragssatzes zur Sozialen Pflegeversicherung um 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 bzw. 2,8 Prozent für Kinderlose