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Industriepolitik statt Wirtschaftspolitik?

Vortrag von Friedrich Merz - Jahrestagung der IPV-Akademie 2019

Den viel beachteten Abschluss der Tagung setzte der Vizepräsident des Wirtschaftsrates der CDU, Friedrich Merz. Er begeisterte das Publikum mit seiner Rede in der er sich mit dem Thema „Industriepolitik statt Wirtschaftspolitik?“ detailliert auseinandersetzte.

Interessierte Fragen aus dem Plenum und ein langanhaltender Schlussapplaus waren ein eindeutiges Zeichen – Friedrich Merz hat mit seinen Ausführungen unter der Überschrift „Industriepolitik statt Wirtschaftspolitik?“ unbestritten den Geschmack der Zuhörer getroffen.

Als „Zeitzeugen einer Epochenwendung“ führte er sein Publikum mit einem Rückblick auf wichtige politische Ereignisse der jüngeren Vergangenheit in das Thema ein. So zählen für Merz die Annexion der Krim durch Russland, die Entscheidung der Briten für den Brexit, die Wahl und eine wohl mögliche Wiederwahl von Trump in den USA sowie ganz besonders die Beschlüsse des 19. Parteitages der kommunistischen Partei Chinas mit der Einrichtung der neuen Seidenstraße zu den Eckpfeilern weltpolitischer Entwicklungen, die eine veränderte Wirtschaftspolitik notwendig machen würden. Amerika nehme seine Funktion als Ordnungsmacht der Welt nicht mehr in vollem Umfang wahr und China trete politisch, ökonomisch und militärisch machtvoll auf die Weltbühne. Die großen Wirtschaftsgipfel G7, G8 oder G20 würden in ihrer Wichtigkeit an Wert verlieren und es müsse eine andere Frage dafür umso deutlicher gestellt werden: G2 oder G3? Sind Amerika und China die bestimmenden Weltmächte des 21. Jahrhunderts oder gibt es einen dritten Spieler mit Namen Europa?

Mit einem Zitat von Henry Kissinger „Deutschland ist für die Welt zu klein und für Europa zu groß“ stellte er fest, dass der breit aufgestellte inhabergeführte Mittelstand das Rückgrat der Deutschen Wirtschaft sei, Deutschland und Europa aber auch starke, börsennotierte und weltweit tätige Kapitalgesellschaften benötige um international nicht abgehängt zu werden. Dieser Prozess sei bereits schleichend weit fortgeschritten. Als Beispiele nannte er VW, die als weltgrößter Automobilbauer nicht mehr zu den TOP 100 der Unternehmen mit der größten Marktkapitalisierung gehören oder aber auch die Telekommunikationsbranche, bei der sich auf den amerikanischen und chinesischen Märkten jeweils nur rund eine Handvoll Unternehmen tummeln, während in Europa noch rund 200 Unternehmen sich gegenseitig das Leben schwer machen.

Er bedauerte, dass es nicht gelungen sei, einen einheitlichen europäischen Börsenplatz zu schaffen und forderte ein stärkeres Engagement Deutschlands für Europa. Nicht immer habe er das gute Gefühl, dass Deutschland noch immer den Anspruch hat, eine führende Rolle in Europa einzunehmen. So sollte seiner Meinung nach z.B. jedes Ministerium einen Zweitsitz in Brüssel unterhalten. Man solle sich immer vor Augen führen, dass nur ein starkes geeintes Europa die Chance bietet, auf den Weltmärkten den USA und China die Stirn zu bieten.

Zum Schluss seiner Ausführungen stellte er in Aussicht, sich auch zukünftig weiter „einzumischen“ und stärker in der Politik präsent zu sein. Er appellierte aber auch an das Plenum, sich selbst in demokratischen Parteien der Mitte zu engagieren und „demokratische Prozesse in das Bewusstsein der Bevölkerung zu rufen“. Denn wenn es nicht gelänge, das Vertrauen in die Demokratie zu stärken, so würden wir nicht am Ende, sondern erst am Anfang einer Vertrauenskrise stehen.

Wir alle sollten uns später nicht von unseren Kindern und Enkelkindern fragen lassen müssen, warum wir damals zu wenig getan haben, dass unsere Nachfolgegenerationen nicht auch wie wir in Frieden, Freiheit und sozialer Gerechtigkeit leben dürfen, so resümierte Merz am Ende seiner eindrucksvollen Rede.

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Friedrich Merz, Vizepräsident des Wirtschaftsrates der CDU

11. Jahrestagung der IPV-Akademie - ein voller Erfolg!

Über 300 Teilnehmer konnte der IPV am 19.09.2019 auf seiner 11. Jahrestagung begrüßen. Die Referenten konnten mit ihren Themen aus der Krankenversicherung, Politik und Künstliche Intelligenz das Auditorium begeistern. 

Mehr Informationen zur 11. Jahrestagung des IPV