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Mitarbeitende Angehörige: „Betriebliche Veranlassung der Entgeltumwandlung ist der Regelfall“
BFH gibt „grünes Licht“ auch für hohe Entgeltumwandlungen von mitarbeitenden Ehegatten

Die Beratung zur Versorgung von mitarbeitenden Angehörigen ist in der Praxis häufig undankbar. Es droht nicht selten das Risiko einer Aberkennung der Versorgung durch das Finanzamt, jedenfalls bei umfänglicheren Zusagen über den Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung hinaus (2021: über 284,- € monatlich). Klare „Leitplanken“ zur betrieblichen Veranlassung fehlen. Von „geht das überhaupt und wenn ja, wie viel?“ bis „Augen zu und durch“ lässt sich die Ausgangslage oftmals trefflich zusammenfassen.

Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 28.10.2020 (X R 32/18) ein echter Glücksfall. Erstens beschert es Rechtssicherheit, da es eine bereits ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung nochmal bestätigt, sodass sich im Ergebnis auch die Finanzverwaltung fügen wird.

Zweitens ist der Tenor des Urteils aus Unternehmersicht erfreulich, weil der BFH eine Versorgungszusage aus Entgeltumwandlung als in aller Regel betrieblich veranlasst bewertet.

Der Fall:

Es ging um eine relativ hohe Entgeltumwandlungszusage über eine rückgedeckte Unterstützungskasse. Die bei Ihrem Ehemann sozialversicherungsfrei angestellte Metzgermeisterin wandelte von ihrem monatlichen Grundgehalt in Höhe von 4.000 EUR fast die Hälfte, nämlich 1.830 EUR, in eine rückgedeckte Unterstützungskasse um. Die Unterstützungskasse sah zu Rentenbeginn eine Gesamtleistung von ca. 800.000 EUR vor. Das Gehalt der Metzgermeisterin war drei Jahre vor Vereinbarung der Entgeltumwandlung um 1.000 EUR aufgestockt worden.

Es kam wie es kommen musste. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurden von der Beitragszahlung an die Unterstützungskasse in Höhe von 1.830 EUR gerade einmal 110 EUR als betrieblich veranlasst anerkannt. Die Betriebsprüfer hielten die Umwandlung von bald der Hälfte des Gehalts sowie die hohe Gesamtablaufleistung der Unterstützungskasse für privat veranlasst. Die Klage der Eheleute dagegen wurde vom Finanzgericht Baden-Württemberg abgewiesen, das ebenfalls eine private Veranlassung bejahte, die Revision aber zuließ.

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Das Urteil:

Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies die Klage dorthin zurück, da noch tatsächliche Fragen zu klären sind. Nach Ansicht des 10. Senats unterliegt zwar auch die Entgeltumwandlungsvereinbarung im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses unter Angehörigen dem Fremdvergleich. Daher muss die Vereinbarung dem entsprechen, was zwischen Fremden üblich ist.

Handelt es sich aber um eine „echte Barlohnumwandlung“, steht die betriebliche Veranlassung grundsätzlich außer Zweifel, da dem Arbeitnehmer die Dispositionsfreiheit über sein künftiges Vermögen zusteht. Heißt: Es steht in seinem Ermessen, in welchem Umfang der Angehörige Bruttogehalt durch Entgeltumwandlung für eine künftige Altersversorgung zurücklegt.

Daher schafft der BFH eine Art Beweislastumkehr: Solange die Entgeltumwandlung einen schon bestehenden, angemessenen Lohnanspruch zum Gegenstand hat, liegt eine „echte Barlohnumwandlung“ vor. Die Finanzverwaltung muss diesen Grundsatz beachten und eine abweichende Sicht entsprechend darlegen.

Von diesem Grundsatz der betrieblichen Veranlassung der Entgeltumwandlung macht der BFH drei Ausnahmen: 

  1. Falls im Vorfeld der Entgeltumwandlung das Gehalt sprunghaft ansteigt, liegt keine „echte Barlohnumwandlung“ vor. Der BFH ließ ausdrücklich offen, ob das drei Jahre zuvor erhöhte Gehalt zu einer insoweit unechten Gehaltsumwandlung führen könnte. Dies muss das Finanzgericht Baden-Württemberg klären.
  1. Wird das Gehalt komplett umgewandelt, fehlt es nach Ansicht des BFH ebenfalls an einer betrieblichen Veranlassung.
  1. Sind mit der Entgeltumwandlungszusage erhebliche Haftungsrisiken für den Arbeitgeber verbunden, ist ebenfalls von einer privaten Veranlassung auszugehen. Auch dies muss das Finanzgericht klären.

Bewertung:

Das Urteil bringt erheblich mehr Rechtssicherheit in Fallgestaltungen der Entgeltumwandlung mit angestellten Familienangehörigen. Nach Ansicht des IPV gilt das darüber hinaus auch für Entgeltumwandlungen von Gesellschafter-Geschäftsführern, bei denen eine vergleichbare Konfliktlage besteht.

Solange eine „echte Barlohnumwandlung“ durchgeführt wird, besteht künftig Rechtssicherheit auch für hohe Dotierungen über den gemäß § 1a BetrAVG bestehenden Rechtsanspruch hinaus.

Streitanfällig dürften Fallgestaltungen bleiben, in denen das Gehalt vor der Entgeltumwandlung angehoben wird oder generell der Anstellungsvertrag noch nicht lange besteht. Offen lässt der BFH die Frage, welcher zeitliche Abstand zwischen einer „sprunghaften“ Gehaltsanhebung und der Entgeltumwandlungsvereinbarung für eine „echte Barlohnumwandlung“ konkret einzuhalten ist. Ein Abstand von drei Jahren sollte unseres Ermessens ausreichen, um einen „Gesamtplan“ aus Gehaltserhöhung und Entgeltumwandlung zu verneinen.  

Entscheidend wird dabei insbesondere die Frage sein, ob die Gehaltserhöhung an sich begründet war. Gibt es dafür objektiv nachvollziehbare Motive (Wechsel auf Vollzeit, Zuwachs an Aufgaben, Beförderung, drohende Abwerbung) dann handelt es sich nach Ansicht des IPV um „echtes“ Gehalt, das konsequenterweise jederzeit für eine „echte Barlohnumwandlung“ nutzbar sein muss.

Unseres Ermessens muss das auch für eine „Nur-Pension“ gelten, da auch dort eine Dispositionsfreiheit des Angehörigen besteht. Im Übrigen erkennt die Finanzverwaltung die Bildung von Rückstellungen auch für „Nur-Pensionen“ an, solange es sich um eine „ernsthaft vereinbarte Entgeltumwandlung“ handelt (BMF-Schreiben vom 13.12.2011). Hier scheint es unterschiedliche Auffassungen zu geben.

Rechtssicherheit besteht jedenfalls nur dann, wenn die Entgeltumwandlung aus einem Gehalt finanziert wird, das für einen langen Zeitraum relativ konstant war und nicht außerplanmäßig angehoben wurde.

Außerdem darf die Zusage des Arbeitgebers an den Angehörigen nicht mit erheblichen Haftungsrisiken verbunden sein. Hier sind kongruent rückgedeckte Zusagen klar im Vorteil, da Risiken auf den Versicherer verlagert werden. Die Einbindung einer kongruent rückgedeckten Unterstützungskasse erfüllen diese Vorgabe ohne weiteres. Absolut kritisch sind hingegen pauschal dotierte Unterstützungskassen oder beispielsweise eine Pensionszusage als Leistungszusage ohne kongruente Rückdeckung. Die „kleinen“ versicherungsförmigen Durchführungswege erfüllen diese Vorgaben im Regelfall ohne Weiteres und waren auch nicht Gegenstand der Entscheidung.

Ansprechpartner
Ulrich Beeger
Ulrich BeegerRA und Leiter Mitgliederberatung
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Mitarbeitende Angehörige: „Betriebliche Veranlassung der Entgeltumwandlung ist der Regelfall“

Mitarbeitende Angehörige IPV-Journal online 02-2021

Fazit:

Besteht ein steuerlich wirksames Anstellungsverhältnis, ist eine Entgeltumwandlung regelmäßig als Betriebsausgabe anzuerkennen, da der Angehörige frei über sein eigenes Gehalt verfügen darf. Nur wenn außergewöhnliche Umstände hinzutreten, ist die steuerliche Anerkennung der Entgeltumwandlung zu versagen. Dazu zählen insbesondere eine „sprunghafte“ Gehaltserhöhung vor der Entgeltumwandlung, eine „Nur-Pension“ sowie eine Zusage, die mit hohen Kosten und Risiken für den Arbeitgeber verbunden ist.

Die Grundsätze gelten unseres Ermessens für alle Durchführungswege und sorgen für erheblich mehr Sicherheit bei der Gestaltung einer bAV für Angehörige.

Beispiel:

Beispiel Entgeltumwandlung - Mitarbeitender Ehegatte
Beispiel: Entgeltumwandlung beim mitarbeitenden Ehegatten.
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