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Ausblick: Was ändert sich mit der bAV-Reform?

Artikel aus dem Report "Betriebsrentenstärkungsgesetz: Was ändert sich mit der bAV-Reform?"

 

Erstellt

August 2017

Der Erfolg der bAV-Reform ist letztlich vor allem abhängig vom Willen der Sozialpartner, neue bAV-Tarifverträge auszuhandeln und abzuschließen. Fraglich ist, ob die daraus resultierende Haftungsfreiheit das Argument für Arbeitgeber ist, ihren Angestellten eine betriebliche Altersvorsorge in Form einer echten Beitragszusage anzubieten. Letztlich hat der Arbeitgeber in der Regel gleichzeitig einen Sicherungsbeitrag im Gegenzug für seine Haftungsfreiheit zu leisten. Insofern ist die Haftungsfreiheit teuer erkauft. Auch dürfte die Attraktivität einer Zusage ohne Garantien aus Sicht der Gewerkschaften und Arbeitnehmer intensiv diskutiert werden. 

Auswirkungen sind insbesondere für bestehende bAV-Systeme im Tarifbereich zu erwarten. So könnte die funktionierende und für Arbeitnehmer sogar günstigere Bestands-bAV durch das neue Sozialpartnermodell abgelöst werden. Arbeitgeber, die die Wahl haben, werden es sich intensiv überlegen müssen, inwieweit das bestehende betriebliche Versorgungswerk mit Einstandspflicht  geschlossen und für die Zukunft eine Umstellung auf die tarifvertragliche reine Beitragszusage erfolgen soll. Diesbezüglich hält das Arbeitsrecht einige Rechtsunsicherheiten vor (Vertrauensschutz, u.U. Drei-Stufen-Theorie). Auch dürfte es Unternehmen mit gewachsenen bAV-Systemen schwerfallen, das eigene, individuell zugeschnittene, Versorgungswerk aufzugeben.    

Stockfoto Mann in Anzug blickt aufs Meer Ausblick | Report BRSG


Für kleine und mittlere Unternehmen ist der Erfolg dieses Modells noch ungewisser. Schließlich sind nur 9 Prozent der Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern tarifgebunden und haben daher gar keinen unmittelbaren Zugang zum neuen System. So kommt das neue Rentenmodell am Ende dort, wo es ausgebaut werden soll, gar nicht an. Aus diesem Grund stärkt die Reform die betriebliche Altersversorgung vorrangig in den Branchen, die ohnehin schon eine großflächig ausgebaute Betriebsrente besitzen.

Schließlich bleibt abzuwarten, ob es zu der gewünschten Veränderung in der betrieblichen Altersvorsorge kommt. Ob die reine Beitragszusage als Versorgungssystem ohne Arbeitgeberhaftung und ohne Garantien die Tarifvertragsparteien überzeugt und auch die Frage nach der Akzeptanz und dem Erfolg dieses Konzeptes kann erst mit seiner Umsetzung abschließend beantwortet werden. Nach mehr als einem Jahr seit Inkrafttreten gibt es wenig Resonanz.

Reform der „großen“ Durchführungswege steht aus

Völlig ausgespart hat der Gesetzgeber überfällige Korrekturen beim Durchführungsweg Direktzusage, der nach wie vor mit Abstand am meisten Deckungsmittel in der bAV bindet. Weder ist dort eine Beitragszusage (nicht einmal mit Mindestleistung) gesetzlich zugelassen, noch ist der Versorgungsaufwand in der Anwartschaftsphase steuerlich angemessen flankiert.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass das Zögern des Gesetzgebers bei der Absenkung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen (6 %) nun das Bundesverfassungsgericht beschäftigt.
Eine Reform der Betriebsrente muss sich auch den „großen Durchführungswegen“ stellen.

Erstellt: August 2017

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