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Neue Garantien in der betrieblichen Altersversorgung

Artikel aus dem Report "Kapitalgedeckte Altersvorsorge im Umbruch"

Besondere Herausforderungen an die Garantien eines Rentenversicherungsvertrages stellt die betriebliche Altersversorgung (bAV). Zusätzlich zum Verhältnis zwischen Versicherung und Versicherten kommt hier noch der Arbeitgeber ins Spiel. Es sind also arbeitsrechtliche Bestimmungen insbesondere die des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) zu berücksichtigen.

In den versicherungsförmigen Durchführungswegen der bAV

  • Direktversicherung,
  • Pensionskasse
  • und Pensionsfonds

ist der „Versicherer“ der Versorgungsträger. Sagt der Arbeitgeber bestimmte garantierte Leistungen in Form z. B. einer Direktversicherung zu, soll diese Leistung auch garantiert von dem Lebensversicherungsunternehmen bei dem die Direktversicherung abgeschlossen wurde, erbracht werden. Gelingt dies, ist das Risiko des Arbeitgebers auf die Zahlung des Beitrags beschränkt. Kann das Versicherungsunternehmen, als Versorgungsträger die zugesagten garantierten Leistungen nicht erbringen, regelt das Betriebsrentengesetz, dass der Arbeitgeber für den Fehlbetrag einstehen muss. Der Auswahl des Versicherers sollte daher eine besondere Sorgfalt zukommen. Auch wenn es im Hintergrund noch die Absicherung über den durch das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) vorgeschriebenen Sicherungsfonds gibt.

Bei der Direktzusage (Pensionszusage) und der Unterstützungskasse kann sich der Versorgungsträger (der Arbeitgeber selbst oder die Unterstützungskasse) über eine Rückdeckungsversicherung die Mittel verschaffen, die er zur Erfüllung des Versorgungsversprechens in der bAV braucht. In jedem Fall muss sich der Arbeitgeber darauf verlassen können, dass er auf diese Weise alle Risiken des Versorgungsversprechens aus dem Betrieb auslagern kann.

Durchfuehrungswege Direktversicherung
Direktversicherung

Betriebliche Altersversorgung mit neuen Garantien über die Direktversicherung (DV)


Leistungszusage (LZ): Der Arbeitgeber sagt einen bestimmten Versorgungsumfang zu. Diese Art der Versorgungszusage beinhaltet das höchste Haftungsrisiko für den Arbeitgeber.

Scheidet ein Arbeitnehmer vor Rentenbeginn aus dem Betrieb aus, können sich Deckungslücken ergeben. Bei der Direktversicherung kann der Arbeitgeber aber die Ansprüche des Arbeitnehmers nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG auf die Leistung aus dem Versicherungsvertrag beschränken (versicherungsvertragliche Lösung).

Im Rentenbezug müssen die laufenden Renten angepasst werden. Bei der Di-rektversicherung reicht es aus, wenn die Überschüsse der Versicherung zur Erhöhung der Leistungen verwendet werden. Der Arbeitgeber hat dann keine Verpflichtung zur Rentenerhöhung.

Beitragsorientierte Leistungszusage (BoLZ): Der Arbeitgeber verpflichtet sich bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung umzuwandeln. Das Risiko des Arbeitgebers soll auf die Beitragszahlung beschränkt werden. Die zugesagte Leistung steht in einem festen Verhältnis zum Beitrag. Dieses Verhältnis wird durch den Versicherungstarif bestimmt. Die Garantieelemente, die der Versicherungstarif mitbringt, bestimmen die zugesagten Leistungen, die dem Arbeitnehmer mindestens zustehen. 

Ob dem Arbeitnehmer unabhängig vom Versicherungstarif eine Mindestleistung zusteht und wenn ja in welcher Höhe, ist in der Fachwelt umstritten. So wird vertreten, dass bei der BoLZ zu Rentenbeginn mindestens die eingezahlten Beiträge für die Altersrente zur Verfügung stehen müssen. Diese „Beitragsgarantie“ könnte auch auf die Summe der „Nettobeiträge“ beschränkt sein, also die Beiträge abzüglich Kosten. Allein aus dem Text des Betriebsrentengesetzes ist eine solche Mindestleistung zumindest für arbeitgeberfinanzierte Beiträge zur bAV nicht abzuleiten. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es zu diesem Thema nicht und so sehen die meisten Versicherungstarife für Direktversicherungen im Rahmen der neuen Garantien eine Mindestleistung in Form des Beitragserhalts oder in Form von 80 Prozent bis 90 Prozent der eingezahlten Beiträge vor.

Scheidet der Arbeitnehmer mit einer BoLZ über eine Direktversicherung vor Beginn der Altersrente aus dem Betrieb aus, kann der Arbeitgeber auch hier die versicherungsvertragliche Lösung (s. o.) wählen. Der Anspruch des Arbeitnehmers ist dann auf die Leistung, die der Versicherer aufgrund des Versicherungsvertrages erbringt, beschränkt.

Im Rentenbezug gelten bei einer Direktversicherung die oben bei der Leistungszusage beschriebenen Haftungsbeschränkungen.
 

Stockfoto Vater und Sohn Ausblick Zukunft
Blick in die Zukunft
Überblick Zusagearten und Durchfuehrungswege
Kombination Durchführungswege und Zusagearten im Überblick

Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML): Bei einer Direktversicherung kann der Arbeitgeber sich verpflichten, Beiträge zur Finanzierung der bAV zu bezahlen und die Zusage darauf zu beschränken, dass ein Versorgungskapital für die Altersversorgung gebildet wird, welches die Beiträge und die daraus erzielten Erträge umfasst. Die Garantie ist darauf beschränkt, dass die Mindestleistung nur die Summe der eingezahlten Beiträge abzüglich der Beiträge für Risiken wie Todesfall und Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit beträgt. Bei Tarifen mit neuen Garantien ist das durch das Element „garantierter Beitragserhalt“ gewährleistet.

Im Rentenbezug müssen bei einer BZML die laufenden Renten nicht erhöht werden. Es muss nur eine lebenslange Rente zugesagt werden.

Da die Renten lebenslang gezahlt werden müssen, soll auch der Versicherungstarif ab Rentenbeginn eine lebenslang garantierte Rente absichern. Das wird durch die neuen Garantien gewährleistet.

 

Betriebliche Altersversorgung mit neuen Garantien im Rahmen der rückgedeckten Unterstützungskasse (UK)  und der Direktzusage (DZ)


Die Unterstützungskasse und die Direktzusage gehören nicht zu den versicherungsförmigen Durchführungswegen in der betrieblichen Altersversorgung. Allerdings kann im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage die Verknüpfung zwischen Beitrag und Leistung über einen Versicherungstarif in Form einer Rückdeckungsversicherung erfolgen. 

Über eine rückgedeckte Unterstützungskasse werden nur Versorgungszusagen erteilt, bei denen die zugesagte Leistung der Garantieleistung aus der Rückdeckungsversicherung entspricht. Überschüsse erhöhen die zugesagte Versorgung erst, wenn sie dem Rückdeckungsversicherungsvertrag zugeteilt sind.

Für Zusagen, die mit neuen Garantien rückgedeckt sind, bedeutet das, dass die Höhe der Rente nicht schon bei Erteilung der Zusage auf betriebliche Altersversorgung festgelegt wird, sondern erst zum Rentenbeginn. Bis Rentenbeginn greift das Garantieelement Beitragsgarantie. Zum Rentenbeginn wird auf Basis der dann gültigen Rechnungsgrundlagen die lebenslange garantierte Rente festgelegt. Zu den Garantieelementen, die bei Vertragsbeginn noch nicht festgelegt werden können gehören der Rechnungszins, die Sterbetafel und der Rentenfaktor. Auf diese Weise wird die Rückdeckungsversicherung voraussichtlich höhere Überschüsse erwirtschaften. Die Überschüsse dienen dann zur Verbesserung der Leistung in Form der Rente oder einer einmaligen Kapitalzahlung.Bei einer BoLZ ist der Anspruch des Arbeitnehmers bei Ausscheiden vor Rentenbeginn auf die mit den bis dahin aufgewendeten Beiträgen ausfinanzierten Leistungen beschränkt. Wird bei der Rückdeckungsversicherung eine Garantie über eine einprozentige jährliche Rentensteigerung vereinbart und diese dem Arbeitnehmer mit der BoLZ zugesagt, trifft den Arbeitgeber ab Rentenbeginn keine weitere Verpflichtung zur Anpassung der laufenden Rente. Es gibt dann keine Deckungslücken in der Finanzierung der bAV.

Rueckgedeckte Unterstuetzungskassenzusage -Report Neue Garantien
Rückgedeckte Unterstützungskassenzusage

Direktzusage als wertpapiergebundene Zusage


Eine besondere Form der Direktzusage in der betrieblichen Altersversorgung ist die wertpapiergebundene Zusage. Der Arbeitgeber sagt dem Arbeitnehmer ein Versorgungskapital zu, das dem Wert eines Wertpapieres zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Altersversorgung entspricht. Bei dem Wertpapier kann es sich um eine Rückdeckungsversicherung handeln.

Sind alle zugesagten Leistungen zu 100 Prozent mit der Rückdeckungsversicherung verknüpft, und ist die Rückdeckungsversicherung durch Verpfändung an die Versorgungsberechtigen dem Zugriff anderer Gläubigen entzogen, findet kein Ausweis in der Handelsbilanz statt.

Um steuermindernd Rückstellungen in der Steuerbilanz bilden zu können, muss eine Mindestleistung in der Versorgungszusage vereinbart werden. Diese Mindestleistung entspricht bei den neuen Garantien dem Beitragserhalt zum Rentenbeginn. Werden die Überschüsse aus der Rückdeckungsversicherung jährlich zur Erhöhung der garantierten Leistung verwendet, erhöht sich dadurch die Zusage an den Arbeitnehmer und damit die steuermindernden Zuführungen zu den Rückstellungen in der Steuerbilanz.

Es kann in der Versorgungszusage vereinbart werden, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich statt der einmaligen Kapitalzahlung eine lebenslange Rente wählen dürfen. Die Höhe der Rente wird entsprechend der Systematik der neuen Garantien erst zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Versorgung festgelegt.

 

Auswirkungen der neuen Tarifwelt mit neuen Garantien auf bestehende betriebliche Versorgungssysteme


Wie beschrieben hat die Ausgestaltung des Versicherungstarifs unmittelbar Einfluss auf Art und Höhe der zugesagten Leistungen. Oft werden in den Betrieben einheitliche Regelungen für die betriebliche Altersversorgung im Rahmen eines Gruppenvertrages mit einem Versicherer vorgegeben. Was ist zu beachten, wenn der Versicherer den Gruppenvertrag insofern kündigt, als er Neuanmeldungen für die alte Tarifwelt nicht mehr zulässt, sondern für die Zukunft nur noch Verträge der neuen Generation mit neuen Garantien anbietet?
Bei Einführung und Änderung der betrieblichen Altersversorgung sind allgemeine arbeitsrechtliche Grundsätze wie Gleichbehandlung und betriebliche Übung zu beachten. 

Dem Arbeitgeber ist es untersagt einzelne Personen oder Gruppen von günstigen Regelungen auszuschließen oder sie schlechter zu stellen, wenn nicht ein sachlicher Grund dafür vorliegt. Durch Einführung von Tarifen mit neuen Garantien ergeben sich Auswirkungen im Bereich Leistungsumfang. Im Vergleich der bestehenden bAV zur neu einzurichtenden bAV werden sich eventuell höhere Gesamtleistungen aber niedrigere Garantieleistungen ergeben. Abweichungen können sich in Art und Umfang der Hinterbliebenenversorgung und der Absicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit ergeben.

Ein Versorgungsanspruch kann stillschweigend aufgrund betrieblicher Übung zustande gekommen sein. Das Betriebsrentengesetz bestimmt ausdrücklich, dass der Verpflichtung aus einer Versorgungszusage die Verpflichtungen gleichstehen, die auf betrieblicher Übung oder aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen (§ 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Um diesen Grundsätzen gerecht zu werden, ist zu einem Stichtag eine Trennung der neuen Zusagen über eine betriebliche Altersversorgung von der bis dahin bestehenden bAV herbeizuführen. Dazu muss das bestehende Versorgungswerk geschlossen werden. Durch eine neue Versorgungsordnung für neu eintretende Mitarbeiter kann man dann fixieren, welche Rahmenbedingungen für die neuen Mitarbeiter hinsichtlich

  • Durchführungsweg,
  • Finanzierung,
  • Zusageart,
  • Leistungsarten,
  • Leistungshöhe usw. gelten.

Außerdem sollte geregelt werden, wie mit der bestehenden bAV umgegangen wird. Klarheit sollte auch darüber geschaffen werden, wie mit der Übernahme oder Übertragung (Portabilität in der bAV) von z. B. Direktversicherungen oder Pensionskassenverträgen umgegangen wird, die ein neuer Arbeitnehmer von seinem alten Arbeitgeber „mitbringt“.

Wie im Einzelfall bei der Änderung eines betrieblichen Versorgungssystems vorzugehen ist, hängt davon ab, auf welcher rechtlichen Grundlage die betriebliche Altersversorgung bisher durchgeführt wurde:

  • Individual-/Einzelzusage
  • Gesamtzusage
  • vertragliche Einheitsregelung
  • Betriebsvereinbarung
  • Tarifvertrag

Ist kein Tarifvertrag umzusetzen und gibt es keine Betriebsvereinbarung, ist der Unternehmer relativ frei in seinen grundsätzlichen unternehmerischen Entscheidungen.

Einschränkungen zur Entscheidungsfreiheit des Unternehmers gibt es allerdings durch das Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes am 1. Januar 2018. Der Arbeitgeber ist unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Beitragszuschuss zur Entgeltumwandlung verpflichtet.

Den Mitbestimmungsrechten eines Betriebsrates sind Grenzen gesetzt. Da es sich bei der betrieblichen Altersversorgung um eine freiwillige Sozialleistung handelt, ist der Unternehmer grundsätzlich frei in seiner Entscheidung

  • ob er überhaupt finanzielle Mittel für die bAV zur Verfügung stellt,
  • und wenn ja in welcher Höhe,
  • welchen Durchführungsweg er auswählt
  • oder welchen Arbeitnehmerkreis er begünstigen will.

Eine stichtagbezogene Schließung eines Versorgungswerkes ist mitbestimmungsfrei. Sie sollte aber schriftlich dokumentiert werden, damit sich neue Mitarbeiter nicht auf betriebliche Übung oder den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen können.

Gibt es eine Betriebsvereinbarung zur bAV ist zu prüfen, ob die Tarife mit neuen Garantien die Bestimmungen der Betriebsvereinbarung umsetzen oder ob eine ablösende Betriebsvereinbarung geschlossen werden kann, die in Zukunft mit den Möglichkeiten des Versicherungstarifs umsetzbar ist. Anderenfalls müsste die bestehende Betriebsvereinbarung gekündigt werden.

Wird die betriebliche Altersversorgung aufgrund eines Tarifvertrages durchgeführt, muss eine Möglichkeit gefunden werden, mit der sich auch in Zukunft die Bestimmungen des Tarifvertrags umsetzen lassen.

Direktzusage Rueckgedeckt -Report Neue Garantien
Direktzusage (rückgedeckt)
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