Rechtsanwalt Ulrich Beeger kennt die Praxis der betrieblichen Altersversorgung u.a. als Leiter der Mitgliederberatung beim Industrie-Pensions-Verein e.V. Er beobachtet seit Jahren die umfangreiche Rechtsprechung zur betrieblichen Altersvorsorge (bAV) und ist Mitautor des Standard-Werks „Die Versorgungsordnung“, das in 4. Auflage im Verlag Versicherungswirtschaft erschienen ist.
Beeger: Die Versorgungsordnung ist ein zentrales Dokument, das die Spielregeln der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) als Rechtsgrundlage vorgibt. Für die meisten Fälle gesprochen werden Lebensversicherungen, die der Arbeitgeber als bAV für die Belegschaft abschließt, durch die VO arbeitsrechtlich flankiert und strukturiert.
Beeger: Ich muss ein wenig ausholen. Seit dem Jahr 2002 haben Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf betriebliche Altersversorgung aus Entgeltumwandlung gemäß § 1a Betriebsrentengesetz (BetrAVG), ab 2019 verbunden mit einem Arbeitgeber-Zuschuss. Mit dem Rechtsanspruch auf betriebliche Altersversorgung sind arbeitsrechtliche Einstandspflichten für den Arbeitgeber verbunden, auch wenn die bAV durch eine Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers finanziert wird.
Trotz der Durchführung über eine Direktversicherung haftet der Arbeitgeber für die zugesagten Leistungen. Das gilt insbesondere auch für arbeitgeberfinanzierte bAV mit Fragen der Gleichbehandlung und möglichen Störfällen wie entgeltfreien Zeiten oder vorzeitigem Ausscheiden.
Beeger: Ja. Und genau hier knüpft die Versorgungsordnung an. Mit der VO kann der Arbeitgeber einheitliche und gesetzeskonforme Rahmenbedingungen zur bAV schaffen und damit rechtliche Risiken und Verwaltungsaufwand durch entsprechende Gestaltung und Vereinheitlichung vermeiden. Bei vielen Arbeitgebern ist ein regelrechter „Wildwuchs“ an Versicherungen entstanden, was die Verwaltung der bAV erschwert. Die VO hat außerdem den positiven Nebeneffekt, dass mehr Transparenz entsteht und mögliche Informationspflichten des Arbeitgebers erfüllt werden. Denken Sie nur an das Nachweisgesetz, das grundsätzlich den schriftlichen Nachweis der bAV fordert!
Beeger: Arbeitgeber, die eine Versorgungsordnung (VO) nutzen, stellen sich dadurch aktiv hinter die betriebliche Altersvorsorge (bAV) und „verstecken“ sich nicht hinter dem Versicherungsvermittler. Sie erkennen den langfristigen Nutzen der bAV als Benefit für die Belegschaft. Für sie ist die VO daher auch ein Marketinginstrument.
A propos Versicherungsvermittler: In den meisten Fällen binden Arbeitgeber ihre Versicherungsvermittler explizit in die Versorgungsordnung ein, als Ansprechpartner für die bAV sowie beispielsweise für die Überprüfung mitgebrachter Versicherungsverträge. Ich beobachte auch zunehmend, dass Firmen ein eigenes „Branding“ betreiben, indem man der eigenen bAV einen Namen gibt (“Versorgungswerk Meier GmbH/MeierRente“), ein besonderes Layout wählt und vielleicht noch ein Online-Portal nutzt. Gut verpackt lassen sich Dinge bekanntlich besser „verkaufen“ bzw. dem Arbeitnehmer vermitteln.
Arbeitgeber, die eine Versorgungsordnung nutzen, stellen sich dadurch aktiv hinter die bAV …
Beeger: Hier gibt es keinen festen Wert. Je größer die Belegschaft, desto größer der Nutzen einer Versorgungsordnung als kollektive Regelung. Erfahrungsgemäß werden Versorgungsordnungen ab einer Mitarbeiteranzahl von 10 Personen erstellt. Bei kleineren Unternehmen meist dann, wenn ein besonders werbliches Interesse besteht, das Unternehmen oder die Branche besonders dynamisch ist oder die VO zur Ablösung einer bestehenden bAV dient.
Beeger: Es gibt viele Versorgungsordnungen der Marke Eigenbau mit gut gemeinten Formulierungen. Gut gemeint ist aber oft nicht gut gemacht.
Ich warne davor, die VO als Prosa abzutun. Versorgungsordnungen sind klassische Rechtsdienstleistung. Aus diesem Grund gehört ihre Erstellung in die Hände von Profis, die dafür eine Berufshaftung vorhalten. Ganz grundsätzlich zählen dazu die rechtsberatenden Berufe wie Rechtsanwälte und zugelassene Rentenberater, auch die IPM GmbH als Rechtsberater-Tochter des IPV zählt selbstverständlich dazu. Die Rechtsabteilung eines Versicherers hat zwar den Sachverstand und erstellt in der Regel eine Musterversorgungsordnung, die Haftung für diese VO übernimmt sie aber nicht.
Beeger (lacht): Das ist natürlich jetzt Eigenwerbung, aber für die gute Sache!
Schalten Sie im Zweifel einen versierten Vertreter aus der Zunft der Renten- und Rechtsberater ein. Am Ende haben Sie ein professionelles Ergebnis und als Arbeitgeber oder Vermittler ist man aus der Schusslinie. Damit ist allen geholfen! Genauso wie der Arbeitgeber biometrische Risiken der Betriebsrente auf den Versicherer auslagert, sollte er auch arbeitsrechtliche Risiken auf Profis auslagern. Zumal der Preis für eine professionelle Versorgungsordnung oft überschaubar ist und nach meiner Beobachtung regelmäßig im dreistelligen Bereich bleibt.
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