Back to top

Private Arztrechnungen – Darf ein Arzt abrechnen, was er möchte?

Für private Arzt- und Zahnarztrechnungen gibt es genaue Vorgaben. Für viele Selbstzahler und privat Krankenversicherte sind die Abrechnungsvorgaben oft nicht leicht nachzuvollziehen. Damit es für Sie kein Buch mit sieben Siegeln bleibt, werden wir die Grundlagen erläutern.

Grundsätzlich sind Privatversicherte immer direkter Vertragspartner der jeweiligen Ärztinnen und Ärzte. Das bedeutet, dass nach erfolgter Arztbehandlung eine Rechnung erstellt wird, die der Privatversicherte erstmal selbst bezahlen muss. Dabei spielt es keine Rolle, ob und wann diese Arztrechnung zur Erstattung bei der privaten Krankenversicherung eingereicht wird. Oft ist es sogar sinnvoll, die Rechnung selbst zu bezahlen, ohne die Krankenversicherung einzubeziehen, da viele Krankenversicherungsverträge einen Selbstbehalt oder eine Beitragsrückerstattung vorsehen. Umso wichtiger ist es also, dass der Privatversicherte bzw. Selbstzahler die Arztrechnung nachvollzieht und prüfen kann, ob die Abrechnungsvorgaben weitestgehend eingehalten wurden.

Thema/Kategorie

Gebührenordnung für Ärzte

 

Aufbau einer privaten Arzt- bzw. Zahnarztrechnung

In der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und Zahnärzte (GOZ) ist genau geregelt, wie eine Arzt- bzw. Zahnarztrechnung abgerechnet werden kann. In den Gebührenordnungen wird vorgegeben, wie der Inhalt und Aufbau einer Arztrechnung sein muss und auf welche Art und Weise die Rechnungsbeträge zustande kommen. Grundsätzlich müssen Arztrechnungen bestimmte Positionen enthalten, die allerdings unterschiedliche Bezeichnungen haben können, wie z.B. GOÄ-Nr. oder GOÄ Ziffer. Folgende Positionen sind in einer Arztrechnung aber immer vorgeschrieben:

GOÄ/GOZ

GOÄ und GOZ sind Rechtsverordnungen. Zwölf Paragrafen regeln die Abrechnung der Arzt- und Zahnarztbehandlungen in der GOÄ bzw. GOZ. Des Weiteren sind in der GOÄ/GOZ umfangreiche Gebührenverzeichnisse für ärztliche/zahnärztliche Leistungen enthalten. Diese Verzeichnisse sind jeweils in 16 Kapitel unterteilt wie z.B. in der GOÄ „Grundleistungen und allgemeine Leistungen“, „Chirurgie, Orthopädie“ oder „Laboratoriumsuntersuchungen“ und in der GOZ: „Allgemeine zahnärztliche Leistungen“, „Konservierende Leistungen„ oder „Prothetische Leistungen“.  Der Arzt/Zahnarzt muss die jeweiligen Leistungen den Abschnitten richtig zuordnen. Bei Behandlungsmethoden, die nicht in der GOÄ/GOZ aufgeführt sind, erfolgt die Abrechnung über eine sogenannte Analogziffer.

Positionen:

  • Datum der ärztlichen/zahnärztlichen Behandlung
  • GOÄ-Nummer oder GOÄ Ziffer
  • Beschreibung der erbrachten Leistung
  • Anzahl der jeweils erbrachten Leistungen
  • Steigerungssatz/Faktor
  • Betrag je Leistung / Gesamtbetrag
  • Kosten und Auslagen

 Wie rechnen Ärzte / Zahnärzte ab?

Wenn der Arzt nach erfolgter medizinischer Behandlung eine Rechnung erstellt, ist er nicht an feste Preise gebunden, sondern kann in einem bestimmten Rahmen von den Regelsätzen abweichen. Dabei hat er einen gewissen Spielraum, wie hoch der Betrag für die erbrachten medizinischen Leistungen angesetzt werden kann. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Abrechnungsgrenzen (Regelsätze) überschritten werden. Hier muss aber zwischen der Abrechnung über dem Regelsatz oder nach Abschluss einer sogenannten Honorarvereinbarungen unterschieden werden. Für zahnärztliche Rechnungen gelten grundsätzlich die gleichen Regeln.

 

Regelsatz

Jede auf einer Arztrechnung aufgeführte medizinische Leistung wird mit einem Faktor angegeben. Üblicherweise verwenden Ärzte/Zahnärzte nicht den einfachen Faktor oder Satz, sondern sie greifen auf den Regelsatz zurück. Die Höhe des Regelsatzes hängt immer von der Art der Leistung ab, es gibt somit keinen pauschalen Regelsatz für alle Leistungen. Dabei liegt der Regelsatz bei dem 1,8fachen für medizinisch-technische Leistungen, wie z.B. Röntgen und bei dem 2,3fachen für persönliche ärztliche Leistungen wie beispielsweise eine körperliche Untersuchung. Laboratoriumsleistungen, wie ein kleines Blutbild, werden regulär mit dem 1,15fachen Satz berechnet.

 

Abrechnung über dem Regelsatz

Wenn Schwierigkeit, Zeitaufwand oder Umstände der medizinischen Behandlung/Untersuchung besonders waren, darf der Regelsatz überschritten werden. Allerdings können dann nicht pauschal alle Leistungen über dem Regelsatz abgerechnet werden, sondern der Grund für die Überschreitung muss sich auf die einzelne Leistung beziehen. Diese Überschreitung des Regelsatzes muss ausreichend für jede einzelne Leistung begründet und die Gründe verständlich formuliert und nachvollziehbar in der Rechnung dargelegt werden. Dann ist der Arzt/Zahnarzt auch berechtigt, über dem Regelsatz bis zum jeweiligen Höchstsatz abzurechnen: für persönliche ärztliche Leistungen bis zum 3,5fachen Satz, für medizinisch-technische Leistungen bis zum 2,5fachen Satz und für Laboratoriumsleistungen bis zum 1,3fachen Satz.

 

Gründe für erhöhte Arzt-bzw. Zahnarztrechnungen

  • Schwierigkeit
    Eine allgemein schwierig erbrachte ärztliche bzw. zahnärztliche Leistung ist bei den Beträgen der Leistungen im Gebührenverzeichnis bereits berücksichtigt. Die Schwierigkeit muss bei der erbrachten Leistung größer als gewöhnlich gewesen sein. Beispielsweise kann eine komplizierte Begleiterkrankung oder die Schwierigkeit des Krankheitsfalles die Erbringung der ärztlichen bzw. zahnärztlichen Leistung erschweren.
  • Zeitaufwand
    Die Zeit, die ein Behandler oder eine Behandlerin mit ausreichender Erfahrung für die Erbringung einer qualitätsgerechten Leistung in der Regel benötigt, stellt den normalen Zeitaufwand dar. Nur wenn im Einzelfall der Zeitaufwand über das in der Leistungsbewertung einbezogene Maß hinausgeht, kann die einzelne Leistung über dem Regelsatz abgerechnet werden. Denn auch hier gilt, dass der übliche Zeitaufwand bereits bei der Bemessung der Gebühr in den Gebührenverzeichnissen berücksichtigt ist. Sind in den Gebührenverzeichnissen für eine Leistung bereits Mindestzeiten genannt, kann ein besonderer Zeitaufwand nur bei erheblicher Überschreitung der Mindestzeiten in Betracht kommen.
  • Umstände
    Besondere Umstände, unter denen ärztliche bzw. zahnärztliche Leistungen zu erbringen sind, können sich ebenfalls gebührenerhöhend auswirken. Dies können beispielsweise Verhaltensstörungen bei den Patienten oder Verständigungsprobleme sein.

 

Honorarvereinbarungen

Grundsätzlich ist ein Arzt oder Zahnarzt berechtigt, vor einer Behandlung mit dem Patienten eine Honorarvereinbarung abzuschließen. Mit einer Honorarvereinbarung ist es dem Arzt oder Zahnarzt dann auch möglich, die erbrachten ärztlichen bzw. zahnärztlichen Leistungen nicht nur über dem Regelsatz, sondern auch über dem Höchstsatz (z.B. über den 3,5fachen Satz hinaus) abzurechnen.

Eine Honorarvereinbarung ist an bestimme Kriterien gebunden:

  • Sie muss vor Erbringung der ärztlichen bzw. zahnärztlichen Leistung schriftlich getroffen werden.
  • Sie muss immer persönlich zwischen dem Patienten und dem Arzt/Zahnarzt getroffen werden.
  • Es muss eine individuelle Vereinbarung sein, pauschale Formulierungen sind nicht zulässig.
  • Eine Honorarvereinbarung muss auf der Grundlage des jeweiligen Gebührenverzeichnisses erfolgen. Pauschale Beträge sind nicht zulässig.
  • Es muss ein Hinweis enthalten sein, dass die private Krankenversicherung oder Beihilfe die Kosten möglicherweise nicht vollständig erstatten.
  • Dem Patienten muss ein Exemplar der Honorarvereinbarung ausgehändigt werden.

Allerdings muss ein Patient einer Honorarvereinbarung nicht zustimmen. Hier sollte man immer prüfen, ob die ärztliche bzw. zahnärztliche Begründung für die Abrechnung über Regel- bzw. Höchstsatz nachvollziehbar ist und ob die private Krankenversicherung die höheren Kosten mitträgt. Viele private Krankenversicherungen sehen eine Kostenerstattung über dem Höchstsatz nicht vor, so dass der Versicherte dann möglicherweise auf einem Teil der Kosten sitzen bleibt.

 

Wie kann man eine Arzt- bzw. Zahnarztrechnung auf Richtigkeit prüfen?

Bevor man eine Arzt- bzw. Zahnarztrechnung bezahlt, sollte man diese immer auf ihre sachliche und rechnerische Korrektheit prüfen.

Folgende Angaben sollten vorhanden sein, damit die Arzt- bzw. Zahnarztrechnung nachvollziehbar ist:

  • Datum der ärztlichen bzw. zahnärztlichen Behandlung
  • Gebührenziffer und Bezeichnung der Leistung
  • Steigerungssatz und Betrag der Gebührenziffer
  • Kosten und/oder Auslagen

 

Erbringung der ärztlichen bzw. zahnärztlichen Leistungen prüfen

Grundsätzlich dürfen Ärzte bzw. Zahnärzte nur die eigenen erbrachten medizinischen Leistungen berechnen. Hierunter können auch Delegationsleistungen fallen, die eine andere Fachkraft unter Aufsicht und fachlicher Weisung des abrechnenden Arztes/Zahnarztes ausführt. Die Verantwortung liegt letztlich immer beim behandelnden Arzt bzw. Zahnarzt.

 

Sind die Rechnung und die gewählten Abrechnungsmethoden/Steigerungssätze nachvollziehbar?

Steigerungssätze über den Regelsatz hinaus, aber auch Abrechnungen im Rahmen des Regelsatzes sollten durch einen besonderen Service wie z.B. durch Qualität und Dauer des persönlichen Arzt-Patienten-Beratungsgesprächs gerechtfertigt sein.

Wenn Fragen und Einwände bestehen, sollte zuerst der Arzt/Zahnarzt angesprochen werden. Bei weiterem Klärungsbedarf können sich Patienten auch mit ihrer privaten Krankenversicherung in Verbindung setzen. Wenn Zweifel an der Richtigkeit einer Arzt- bzw. Zahnarztrechnung bestehen, sollte die Rechnung zuerst bei dem privaten Krankenversicherer zur Prüfung eingereicht und gegebenenfalls zur Klärung Rücksprache mit dem behandelnden Arzt/Zahnarzt gehalten werden.

Unter folgendem Link können Arztrechnungen formal geprüft werden:

https://www.privat-patienten.de/beim-arzt/arztrechnung-pruefen/

 

Bei Fragen zu diesem Thema können Sie uns gern unter 030 206743-148 anrufen.

 

 

Ansprechpartnerin
Katrin Musche
Katrin MuscheBeratung Krankenversicherung
Tel.
030 206732-148
Fax
030 206732-312
E-Mail
E-Mail senden
Alle IPV-Journal online ansehen