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Leistungen aus privat fortgeführten Pensionskassenverträgen unterliegen nicht in vollem Umfang der Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung

Die Beitragspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) auf Leistungen aus einer Pensionskasse, die auf nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis privat entrichteten Beiträgen beruhen, ist mit der Verfassung unvereinbar.  So entschied das Bundesverfassungsgericht in zwei Beschlüssen vom 27.06.2018 (1 BvR 100/15, 1 BvR 249/15), die gerade veröffentlicht wurden. Damit kippte das höchste deutsche Gericht  zwei Urteile des Bundessozialgerichtes aus dem Jahr 2014. Die Verfahren wurden an die jeweils zuständigen Fachgerichte zurückverwiesen.

In den vorliegenden Fällen meldete der Arbeitgeber seine Mitarbeiter zur Pensionskassenversorgung an. Nach wenigen Jahren endete das jeweilige Arbeitsverhältnis wieder. Beide Arbeitnehmer setzten die Pensionskassenverträge mit eigener Beitragszahlung fort und nahmen die Stellung des Versicherungsnehmers ihres jeweiligen Pensionskassenvertrages ein. Ein Arbeitnehmer nahm die satzungsmäßige Möglichkeit der Höherversicherung in Anspruch und schloss einen zusätzlichen Versorgungsvertrag bei der Pensionskasse ab.

Der weit überwiegende Teil der jeweiligen Versorgungsleistungen beruhte auf von den Versicherten selbst finanzierten Beiträgen. Dennoch erhoben die jeweiligen gesetzlichen Krankenkassen ihre Beiträge auf die volle Höhe der Rentenzahlungen. Hiergegen richteten sich die jeweiligen Klagen. Die Vorinstanzen und das Bundessozialgericht (B 12 KR 28/12 R, B 12 KR 26/12 R) wiesen die Klagen bzw. die Revisionen mit der Begründung ab, dass es sich bei den Rentenzahlungen der Pensionskasse um Versorgungsbezüge handele. Diese seinen unabhängig von der Einzahlung der Beiträge vor oder nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses insgesamt beitragspflichtig, da ein institutioneller Zusammenhang zwischen dem Versorgungsystem und dem Erwerbsleben besteht.
Daraufhin legten die Kläger Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Gleichheitsgebotes nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ein.

 

Ungleichbehandlung gegeben

Die Verfassungsrichter gaben den Beschwerden statt. Denn allein die Beurteilung der Versorgungsleistungen als betriebliche Altersversorgung nach der auszahlenden Institution (Pensionskasse) überschreitet die zulässige Grenze. Die Fortführung eines Pensionskassenvertrages außerhalb des Arbeitsverhältnisses unterscheide sich kaum von einem anfänglich privaten Lebensversicherungsvertrag. „Es ist vielmehr darauf abzustellen, ob der Versicherte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses den institutionellen Rahmen des Betriebsrentenrechts weiterhin unverändert nutzt oder den Vertrag aus dem betrieblichen Bezug löst“, so die Richter. Mit anderen Worten: Wurde die Versicherungsnehmerstellung nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis auf den ausgeschiedenen Arbeitnehmer übertragen und führt dieser die Versorgung mit eigenen Beiträgen fort, ist die aus der Fortführung resultierende Versorgungsleistung nicht beitragspflichtig in der KVdR.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahr 2010 entschieden, dass Leistungen aus von der versicherten Person als Versicherungsnehmer fortgeführten Direktversicherungen mit dem auf eigenen Beiträgen beruhenden Teil nicht KVdR-pflichtig sind (1 BvR 1660/08). Somit werden privat fortgeführte Pensionskassenverträge und Direktversicherungen beitragsrechtlich wieder gleich behandelt.